Nach über zehnjährigen Vorbereitungen ist aus einer europäischen Richtlinie nach sorgfältiger Abwägung durch den Gesetzgeber nicht nur ein Gesetz zum stufenweisen bundesweiten Einbau (Rollout) von intelligenten Stromzählern (Smart Meter) geworden, sondern seit 1. Januar 2020 sind die dazu notwendigen, langwierig entwickelten und zertifizierten Geräte auch tatsächlich verfügbar und der Rollout in Deutschland hat begonnen.
Dieses Buch soll diesen nunmehr langsam anlaufenden Prozess begleiten und aus unterschiedlichen Blickwinkeln beleuchten. Die Autoren tun dies aufgrund ihrer langjährigen einschlägigen Erfahrung aus erster Hand.
So beschreibt Jan-Hendrik vom Wege (BBH), welchen langen und dynamischen juristischen Weg die Gesetzgebung, ausgehend von einem bis dahin jahrzehntlang sehr statischen Ordnungsrahmen genommen hat und welche Rolle die Smartmeter im energiepolitischen Gesamtkontext spielen.
Janosch Wagner (PPC) resümiert über einen zentralen Baustein des deutschen Smart-Meter-Rollouts – das Smart Meter Gateway SMGW. Er beschreibt dessen heutige und zukünftige Funktionen und gibt Einblicke in die sehr aufwendigen Zertifizierungsverfahren dieses Geräts.
Ein weiterer neuer Baustein ist die sog. Schaltbox, mit der im intelligenten Messsystem sichere und hochwertige Steuerungsfunktionen erfüllt werden können. Enrico Lang gibt einen gelungenen Überblick über das Gerät selbst und – sehr wichtig – dessen Einbindung in das Gesamtsystem „intelligentes Messsystem“.
Die Smart Meter selbst, Begriffe, Werdegang, Funktionen und Technik werden ausführlich von Dirk Grabsch (Itron) und Karsten Peterson (Itron) durchaus kritisch erläutert. Sie klären auch die Unterschiede zwischen verfügbaren „einfachen“ Standard-Lastprofil (SLP) Haushaltszählern und zukünftigen registrierenden Lastgang (RLM) Zählern für Industrieverbraucher.
Intelligent kann das Messsystem u. a. nur durch Kommunikation werden. Hier gibt es keine Universallösungen, sondern es stehen situationsangepasst mehrere Optionen zur Verfügung. Absehbar sind das einerseits Funklösungen, andererseits Powerline Communication (PLC). Christian Freudenmann (Stadtwerke Bietigheim-Bissingen) beschreibt Erstere von öffentlichem Mobilfunk wie LTE oder 5G bis zur großen Hoffnung LTE-450 MHz. Prof. Dr. Michael Arzberger geht näher auf die Herausforderungen auf „Powerlines“ und erklärt welche Standards hier existieren.
Die Sicht eines Messstellenbetreibers, der solche Geräte effizient einkaufen und einsetzen muss beschreibt Johannes Magin (NetzBW). Im Kapitel Qualitätssicherung zeigt er auf welche Probleme und Lösungen sich mit dieser Vielzahl neuer, komplexer Geräte ergibt.
In diesem Zusammenhang spielt auch der Verbraucherschutz, der in Deutschland u. a. durch das Eichrecht garantiert wird, eine große Rolle. Die Autoren der Landeseichdirektion Baden-Württemberg legen die Besonderheiten und daraus resultierenden Prozesse dar.
Neben den in großen Stückzahlen im Netz verbauten Geräten sieht das intelligente Messsystem aber auch einige zentrale Instanzen vor, bei denen alle Fäden zusammenlaufen. Dr. Daniel Borchmann und Dr. Christian Hofmann (Robotron) berichten in ihrem Kapitel über die zentralen IT-Infrastrukturen, deren spezielle Herausforderungen und Lösungen.
Die zweite Thematik des Buches sind konkrete Anwendungen des intelligenten Messsystems, insbesondere Anwendungen über die Grundaufgabe der Energiemessung hinaus.
Den Anfang macht hier Christoph Raquet (Pfalzwerke) mit dem Anwendungsbeispiel der Spannungshaltung bei einem Stadtwerk. Er zeigt Möglichkeiten auf, die das intelligente Messsystem hier bietet.
Durch das novellierte Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) steht eine bislang eher unbeachtete Branche, ähnlich wie Stromversorger vor zehn Jahren, vor großen Umbrüchen. Die Heizkostenverteilung/die Energiemessung in Wohnquartieren. Carola Ochs (PPC) und David Robertson (Noventic) erläutern, was es damit auf sich und warum das intelligente Messsystem hier Lösungsmöglichkeiten bietet.
Dr. Gunnar Steg (Elli) hat das heiße Thema der Elektromobilität im Auge und gibt Einblicke, wie diese große Herausforderung für die Verteilnetze mit Hilfe des intelligenten Messsystems angegangen werden kann.
Den Abschluss bildet eine Reihe kleinerer Beiträge die aus laufenden Forschungsprojekten konkretisierte Zukunftsvisionen zeigen.
Wolfang Duschl fasst das Projekt BDL zusammen. Hier um einen Aspekt der Elektromobilität, nämlich das bidirektionale Laden, also die netzdienliche Nutzung der Batterien von E-Fahrzeugen zur Netzstabilisierung.
Antonius von Perger und Philipp Gamper haben mit dem Projekt SmartGridCluster ein ähnliches Thema. Sie beschreiben Möglichkeiten der intelligenten Bündelung von dezentralen Erzeugern, Verbrauchern und Speichern zu virtuellen Kraftwerken, die durch gezielte Wirk- und Blindleistungserzeugung und -entnahme netzdienliche Dienste erbringen können.
Dipl.-Ing. Jürgen Kramny hat sich nach dem Studium der Nachrichtentechnik zunächst mit Forschung im Bereich Wehrtechnik beschäftigt. Danach führte sein Weg in den Automotiv-Bereich. Seit 1989 ist er bei der Badenwerk AG/EnBW/Netze BW beschäftigt. Hier leitet er den Bereich Zählsysteme (spartenübergreifend), die staatlich anerkannte Prüfstelle seit mehr als 20 Jahre und das Kalibrierlabor nach DIN ISO 17025. In der Netze BW GmbH ist sein Bereich der Dienstleister für Lösungen bei Zählsystemen, Messstellenbetrieb, Smart Metering, Steuern und das spartenübergreifend bis hin zur Hochspanungstechnik für Zählungen. Als Mitarbeiter in verschiedenen Projektgruppen in Verbänden, z. B. FNN, hat er bei der Erstellung der heute verfügbaren einschlägigen Lastenhefte für das iMsys die Projektgruppe MS2020 des FNN mit mehr als 130 Teilnehmern geleitet. Im FNN (Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE) ist er Vorsitzender von zwei Projektgruppen und hat im Forum als Kümmerer für den Lenkungskreis Metering und Digitalisierung mitgewirkt.